Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz: Ein erster Schritt – kein großer Wurf

Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz Artikel HERBSTFEUER Nr. 6

Foto: Bauman & Haid GbR

Mit dem vom Bundestag beschlossenen Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) will die Bundesregierung auf die zukünftigen Herausforderungen der Pflege reagieren. Neben begrüßungswerten Vorhaben bleiben jedoch grundlegende Fragen. Beispielsweise die Ablehnung fast jedes dritten Antrages auf Pflegegeld.
Eine Einschätzung.
Von Sylvia Örs

Leipzig/Halle (Saale). Ab 01. Januar 2013 ist es so weit: Das PNG tritt in Kraft. Damit wird erstmals offiziell die Pflegestufe 0 eingeführt. So sollen Demenzkranke und besonders ihre pflegenden Angehörigen besser gestellt werden. In einer Übergangsregelung bekommen Versicherte mit Anspruch auf Leistungen für eingeschränkte Alltagskompetenz ohne Pflegestufe dann die  Pflegestufe 0. Und ein Pflegegeld von 120 EUR im Monat. Oder bei Einsatz eines Pflegedienstes 225 EUR monatlich.

Auch Demenzkranke mit Pflegestufe 1 und 2 sollen bei ambulanter Kombinations- oder Sachleistung mehr erhalten. In Pflegestufe 1 stellt die Kasse künftig 665 EUR (derzeit 450 EUR) und in Pflegestufe 2 1.250 EUR (jetzt 1.100 EUR) bereit. Wer bisher Pflegestufe 1 oder 2 mit zusätzlichen Betreuungsleistungen für eingeschränkte Alltagskompetenz erhält, bekommt 70 EUR mehr. Bei Inanspruchnahme einer Kurzzeit- oder Verhinderungspflege wird Pflegegeld zu 50 % weiter gezahlt. Erleichtert werden Rehabilitationsmaßnahmen für pflegen­de Angehörige. Bei Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung gibt es einen Zuschuss von 60 EUR pro Jahr. Wohngruppen können künftig ebenfalls  gefördert werden.

Das Problem: die Ablehnungen
In Deutschland werden pro Monat ca. 100.000 neue Anträge auf Pflegegeld gestellt. Beinahe jeder dritte Antrag wurde in der Vergangenheit  abgelehnt.
Die Anspruchsvoraussetzungen für die Pflegestufe werden sich erst einmal nicht ändern. Die seit Schwarz-Rot geplante Änderung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes wurde nochmals verschoben. So ändert sich auch am Verfahren und an den Richtlinien der Begutachtung vorerst nichts. Und das obwohl seit langem in der Kritik steht, körperliche Defizite ausreichend zu berücksichtigen und den hohen Aufwand bei geistigen Einschränkungen ausreichend zu würdigen. Bewilligung oder Ablehnung werden auch künftig vom individuellen Urteil des MDK-Gutachters abhängen.

Keine Entwarnung
Fest steht: Es wird nicht einfacher eine Pflegestufe durchzusetzen. Auch und gerade beim steten Anstieg der Anträge. Das Antragsverfahren soll trotzdem beschleunigt werden und künftig innerhalb von 4 Wochen ab Antragstellung ein Bescheid vorliegen. Die Mehrausgaben von rund 1,1 Mrd. EUR sollen über eine Beitragsanpassung von derzeit 1,95 % des Bruttolohnes auf 2,05 % und bei Kinderlosen auf 2,3 % finanziert werden.

Fazit: kein großer Wurf
Mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf werden sinnvolle Schritte getan. Ob damit allerdings eine „Neuausrichtung“ der Pflegeversicherung einhergeht, ist wohl eher fraglich. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, hätte man sich mehr Mut von der Politik gewünscht. Mehr Mut für eine langfristige Finanzierung, mehr Mut für eine verbindliche Vorgabe zur Umsetzung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs.

Infos:

Hilfe bei abgelehnter Pflegestufe
Pflegefachberaterin Sylvia Örs bietet neutrale Pflegestufenberatung an, begleitet gern beim Erstantrag oder berät bei Ablehnung der Pflegestufe. Wer die kassenunabhängige Beratung in Anspruch nimmt, profitiert von 10jähriger Erfahrung in weit über 1.000 Fällen. Wird ein Termin gewünscht, kommt ein Pflegefachberater für ca. 50 EUR ins Haus. Dann ist zu besprechen, ob und welche Pflegestufe möglich ist. Wer möchte, kann sich dann bis zur erfolgreichen Durchsetzung kompetent begleiten lassen. Sinnvoll ist es, nicht erst bei abgelehnter Pflegestufe die Hilfe der Berater in Anspruch zu nehmen, sondern bereits beim ersten Antrag. Damit sind die Chancen auf eine Bewilligung am größten.

Sylvia Örs
Pflegefachberatung/Pflegesachverständige
Wettiner Straße 15
04105 Leipzig
Tel.: (0341) 91 88 228
leipzig@sebis.info
www.sebis.info/leipzig

Ein Gedanke zu „Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz: Ein erster Schritt – kein großer Wurf

  1. Von den Ablehnungen habe ich, ehrlich gesagt, nicht gewusst. Danke für die Anregungen zum Nachdenken! Unser Opa wird ja nicht jung und wir machen uns Gedanken über sein Altwerden, denn, je weiter, desto klarer wird es für jeden: solche Unterstützung braucht Zeit, was für uns heute Luxus ist.

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